"Forever mine" von Kara Atkin

Wieso kann in unserer Gesellschaft nicht jeder einfach sein, wer er ist, ohne dafür angeprangert zu werden? Warum muss auf Social Media alles perfekt sein? Warum sind Instagram-Follower überhaupt so wichtig? Warum interessiert sich die Gesellschaft für die Sexualität des einzelnen? Lass sie doch homo-, bi- oder was-auch-immer-sexuell sein. Kara Atkins „Forever mine – San Teresa University” vermittelt zwischen den Zeilen eine Gesellschaftskritik, die ich sofort unterschreibe. 

 

"Forever mine" ist der zweite Teil der San-Teresa-University-Reihe von Kara Atkin. Ich habe vorher nicht den ersten Teil gelesen und das muss man auch absolut nicht - die Geschichte ist auch so abgeschlossen.




Darum gehts:

Jeder an der San Teresa University kennt den Namen Kate Benoit. Hunderttausende Follower hat sie sich mit Southsidegirl in den letzten Jahren erarbeitet. Wie viel Stress und Druck das für sie bedeutet und dass ihr Leben nicht so perfekt ist, wie sie es auf Instagram zeigt, ahnt kaum einer. Kates Terminkalender platzt aus allen Nähten und sie hat chronischen Schlafmangel. Dabei steht sie ständig im Fokus und hungert, um noch dünner zu sein, als ohnehin schon. Immer wieder stellt sie Instagram über ihre eigenen psychischen und körperlichen Bedürfnisse, während ihre Unzufriedenheit deutlich spürbar ist. 

Auf dem Konzert eines Freundes trifft sie auf Alec Volcov, der für seine Bettgeschichten und Bisexualität bekannt ist. Kate merkt schnell, dass hinter seinem Playboy-Image viel mehr steckt und sie fühlt sich stark von Alec angezogen. „Für ein paar wenige Stunden wollte ich nur Kate sein. Das war doch nicht zu viel verlangt, oder?“ (S. 85). Sie sich und lässt sich auf einen One-Night-Stand mit ihm ein, der ihr ganzes Leben aus der Bahn wirft und Southsidegirl vor den Abgrund stellt („Mein Leben war ungebremst von jemandem mit einer schlechten Handykamera vor die Wand gefahren worden“, S. 145). Schlagartig verliert Kate einen Großteil ihrer Follower auf Instagram* - nicht aber die im echten Leben. Auf Schritt und Tritt folgen ihr Handykameras, die Blicke und Sprüche ihrer Kommilitonen („… die Leute [betrachteten] es noch immer als ihre Mission, mein Privatleben breitzutreten. … Ich brauchte eine Pause von diesem ganzen Online-Drama. … Stattdessen wurde ich wieder und wieder in den Fokus gezerrt, wurde fotografiert und beäugt, obwohl ich nichts weiter tat, als mit meinem Leben weitermachen" (S. 266 f.).

 

 

*Das fand ich, nur mal so am Rande, doch sehr, sehr unwahrscheinlich. Viele Follower fühlen sich fast schon freundschaftlich mit den großen Bloggern verbunden, weil sie sie tagtäglich begleiten. Ein einziger Fehltritt ändert das nicht. Ich denke eher, dass durch einen Skandal das Interesse an einer Person den öffentlichen Lebens eher steigt. Davon abgesehen halte ich einen One-Night-Stand absolut nicht für einen Skandal und ich denke im 21. Jahrhundert sieht das ein Großteil der Instagramnutzer ebenso.

 

 

 

Meine Meinung

Man spürt mit jedem Satz deutlich, wie unglücklich Kate ist. Sie wird erdrückt von einem Berg von Erwartungen, der sie körperlich und psychisch ausknockt. Sie erlebt Panikattacken und die Menschenmassen, die nach ihr greifen, bereiten ihr großes Unbehagen („… während all die Augen, die auf mir lagen, sich auf meiner Haut genau so angenehm anfühlten wie kriechende Maden“, S. 74). Atkin schafft es, dass ich beim Lesen vollkommen mit Kate gefühlt habe. Der Blick hinter die Southsidegirl-Fassade war für mich absolut glaubwürdig und anschaulich – hat mich sogar an meinem eigenen Instagram-Account und der Zeit zweifeln lassen, die ich damit täglich verbringe.

Schockierend (und leider wahr): Das Mädchen in der Bettgeschichte steht als Schlampe da, beim Kerl erregt es keinerlei Aufmerksamkeit. Aber um zu dem Kerl zu kommen: Auch Alec hat sein Kreuz zu tragen. Als Ausnahmetalent im Schwimmen stößt er immer wieder auf Kritik wegen seiner Bisexualität – die eigentlich selbstverständlich nichts mit seiner sportlichen Leistung zu tun hat. Noch schlimmer ergeht es seinem homosexuellen besten Freund Dean. Anhand von Alec und Dean arbeitet Atkin immer wieder geschickt das Thema Homophobie in den Roman ein. Mich hat sie damit zum Nachdenken gebracht und wütend gemacht. 

Generell schwingt beim Lesen eine Wut auf die Gesellschaft mit, in der Jugendliche (oder auch Menschen generell) nicht einfach machen können, wonach ihnen ist, sondern ständig bewertet und in Schubladen gesteckt werden. Das gibt dem Roman für mich auf jeden Fall „das gewisse Etwas“, dass ihn wirklich lesenswert macht.

 

Meine Bewertung

Unterm Strich hat mir „Forever mine“ überraschend gut gefallen. Bei rosa-girly Covern bin ich meistens eher abgeschreckt und war es auch hier erstmal. Der Inhalt ist aber zum Glück zu großen Teilen nicht rosa-girly, sondern behandelt wichtige Themen, macht wütend und nachdenklich. Die 470 Seiten sind nur so geflogen!

Für mich 8/10⭐️

Kommentare

Beliebte Posts